Die Feuerzangenbowle oder: Elternzeit an der Bibelschule

Kennt Ihr den Film „Die Feuerzangenbowle“? Ein gestandener Akademiker gibt sich nach einer verlorenen Wette als Teenager aus und drückt noch einmal die Schulbank. Unverhofft gefällt ihm das Dasein als Schüler und er bringt ordentlich Schwung in den Schulalltag. Heinz Rühmann, ganz großes Kino.

Ein bisschen wie Heinz Rühmann fühle ich mich in diesen Monaten. Mein Mann und ich sind längst erwachsen, Akademiker, Eltern. Und wir haben uns entschlossen, während unserer Elternzeit die Schulbank an der Biblisch-theologischen Akademie Wiedenest zu drücken, um uns in der Mitte des Lebens noch einmal neu auf Gott auszurichten. Für ein halbes Jahr pausieren Arbeitsalltag, Haushalt und feste Rollenverteilung. Wir werden Bibelschüler. Und unsere Kinder (4 und 2 Jahre alt) gleich mit.

Ein Kindergartenplatz ist für solch eine kurze Zeitspanne nicht zu haben. Wir sind pragmatisch und teilen uns Tag für Tag auf. Einer paukt Griechisch und lernt in „Exegetische Methodik“, wie man eine Predigt vorbereitet. Der andere liest zuhause Bilderbücher vor, singt mit den Kindern, baut Legoautos und macht Streifzüge durch den Wald. In der großen Pause tauschen wir. So bekommt jeder seine Lieblingsfächer mit. Alle Vorlesungen, die uns beide interessieren, nehmen wir auf. So kann sie der andere später nachhören.

Zugegeben: Seine sichere Alltagsroutine zu verlassen, ist nicht ganz einfach. Als junger Erwachsener nicht, und als Familie mit Kleinkindern noch weniger. Wir müssen uns an neue Essenszeiten gewöhnen, einen neuen Tagesablauf, weniger Privatsphäre, weniger Platz.

Im Gegenzug werden wir reichlich beschenkt mit neuen Freunden, großartigen Vorlesungen und der Möglichkeit, Gott so nahe zu kommen wie schon lange nicht mehr. Ein Aha-Erlebnis reiht sich an das nächste. Wir lernen Bibelkunde, Gottesdienstgestaltung, Psychologie, Kinderstunden-Gestaltung, Griechisch. Zusätzlich hören wir richtig gute Andachten, singen neue Lobpreis-Lieder, erleben Bibellese-Nächte, Gebetstage und rauschende Feste. Es fühlt sich an, als würden wir hier geistlich aufgetankt – bis obenhin voll und noch mehr.

Und unsere Kinder? Haben sich eingelebt und fühlen sich pudelwohl. Besonders dankbar sind wir darüber, mit wie viel Herzlichkeit wir hier als Familie aufgenommen werden. Obwohl wir manchmal Sachen durcheinanderbringen. Der Schulbetrieb an der BTA ist eigentlich nicht auf Kinder eingestellt. Aber die Herzen der Menschen sind es. Nie hat sich jemand beschwert, wenn unsere Kinder im Speisesaal Verstecken spielen oder während der Mittagsruhe laut „Laterne“ singen. Im Gegenteil: Die Kinder sind überall willkommen, spielen und toben mit unseren Klassenkameraden und sind selbstverständlich mit auf Klassenfahrt gefahren.

Dass wir hier an der BTA die weltbesten Babysitter haben, versteht sich sowieso. Fazit: Es ist ein Abenteuer. Nicht alle Wege sind schon ausgetreten, manches muss sich erst finden. Aber ich habe das Gefühl, von dieser intensiven Familien-  und Gotteszeit werden wir noch lange, lange zehren.