Ungewissheit

Als wir 2016 Jahren nach Schweden ausgewandert sind, war für uns klar: Dies wird eine Episode, keine Endstation. Nach 2 Jahren kommen wir zurück nach Deutschland.

Aber natürlich haben wir uns zwischenzeitlich ganz furchtbar in diese Zwischenstation verliebt. Gerade jetzt im Sommer ist Schweden beinahe zu schön, um wahr zu sein.

Es ist aber auch ein unvergleichlicher Frühsommer: Von der Schneeschmelze direkt zu 30 Grad, wochenlang. Die Blumen waren völlig verwirrt, kamen alle gleichzeitig, Tulpen und Flieder und Kirschblüten, es war ein Farbenmeer, eine Melange an Düften. Mittlerweile wird die Trockenheit in der Natur sichtbar. Die Kinder baden im Plantschbecken, essen Eis, es herrscht Sommerferienstimmung seit Anfang Mai.

Immer wieder fliegt Vater Abraham nach Deutschland, um auszuloten, wie und wo es für uns weitergehen wird. Noch warten wir, harren wir in Ungewissheit aus.

Mit flauem Gefühl im Magen haben wir unterdessen die Kündigung unserer Wohnung eingereicht. Wir wohnen noch kein Jahr hier, aber es ist uns ein richtiges Zuhause geworden. Wahrscheinlich wäre es uns leichter gefallen, zu kündigen, wenn wir schon etwas konkretes Neues in Aussicht hätten.

Immerhin haben wir uns in langen Abenden von Diskutieren, Listen-Schreiben, Pläne-Schmieden und konstruktivem Zuhören die Auswahl an Städten von unendlich („Oder wie wäre es mit Groß-Kiesow?“) auf eine überschaubare Anzahl von 7 festgelegt.

In diesen 7 Städten gibt es potenzielle Arbeitsstellen, wir kennen dort schon ein paar Leute, und (wichtiges Kriterium!) es gibt eine Bibliothek und ein Theater. Unverzichtbar.

Nun warten wir auf eine berufliche Entscheidung und Gottes Führung, in welche dieser 7 Städte wir im Herbst ziehen werden.

Unterdessen ist es an der Zeit, schon wieder unseren Hausstand durchzusehen, auszumisten, aufzuräumen. Das ist eine befriedigende Aufgabe. Aber, das muss ich auch sagen, es müsste meinetwegen nicht jedes Jahr in dieser Intensität erfolgen.

Nun genießen wir noch einmal Schweden im Sommer, und versuchen, die Melancholie, die sich immer wieder einschleichen will, mit Eis und frischen Erdbeeren in Schach zu halten.

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Ich und meine Nähmaschine

Die letzten Wochen habe ich so einige Abende hochzufrieden an meiner Nähmaschine verbracht. Das Ding ist neu, der Faden reißt fast nie, die Nähte werden viel ordentlicher als vorher und ich werde übermütig: Ich traue mich an ganz neue Schnittmuster.

Als ich eines Tages bemerke, dass zufällig meine gesamte Familie in Selbstgenähtes gekleidet ist, schnappe ich mir die Kamera. Ein Gruppenfoto, bitte!

Der Große hat ein T-Shirt bekommen und sich den Stoff selbst ausgesucht. Der großgemusterte Fahrzeug-Jersey stammt noch aus Deutschland, passt aber total gut zur bunten schwedischen Kindermode.

Das Schnittmuster ist von Schnabelina.

Für die Kleine habe ich ein Kittelkleidchen aus Baumwolle genäht. Praktischer Weise kann man es wenden, wenn es allzu schmutzig ist und keine Waschmaschine in Sicht. Der Stoff ist schön unempfindlich und ich muss gleich noch eins nähen, glaube ich.

Und dann habe ich zum ersten Mal ein richtig großes Stoffstück angeschnitten und ein T-Shirt für meinen Mann genäht. Eigentlich war es erstmal nur ein Test, und wir sind uns einig, dass der braune Elefantenstoff, nun ja, Geschmackssache ist. Dass er das Teil trotzdem anzieht, freut mich natürlich ungemein.

Wenn auch nur zum Fußballspielen.

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Das ist wie Fahrradfahren

Ich hab den Satz schon öfters gesagt, in unterschiedlichen Kontexten: „Das ist wie beim Fahrradfahren, das verlernt man nicht.“

Nun haben wir hier einen Dreijährigen zuhause und ich muss mich fragen: Wie lernt man denn eigentlich Fahrradfahren? Genauer gesagt, wie bringt man es jemandem bei?

Ich habe eine gewisse Vorliebe für didaktische Aufgaben und beschließe, mit der Theorie anzufangen: Verkehrsregeln. Damit ich nicht hinter einem wegrasenden Kleinkind herbrüllen muss: „Rechts halten!“ (Solche Geschichten erzählt man sich über mich als Radfahranfängerin. Ich persönlich erinnere mich daran nicht, dafür aber sehr genau an das Brennesselgebüsch am Straßenrand.)

Ich komme auf 4 Verkehrsregeln, die ich wichtig finde. Sobald der Große morgens auf sein Laufrädchen aufsteigt, um mit mir zum Kindergarten zu rollern, gehen wir diese durch, und er zählt auf:

  1. Rechts fahren.
  2. An der Straße anhalten.
  3. Nur soweit fahren, dass wir einander noch sehen können.
  4. Keine Unfälle bauen. (Klingt selbsterklärend, ist aber relevant für einen Dreijährigen, der gern aus Spaß irgendwo gegenfährt.)

Als der Große souverän und regelkonform Laufrad fährt, kaufen wir ihm ein Kinderfahrrad. Blau-weiß, 14 Zoll, mit orangefarbenen Pedalen. Aufregend.

Dann geht es an die Praxis. Ich habe mir das genau überlegt: Als erstes üben wir das Bremsen. Danach das Losfahren.

Der Rest ist Geschichte.

Ich habe gelesen, dass auch Albert Einstein sich zum Fahrradfahren geäußert hat. Angesichts unseres im Herbst anstehenden Umzugs von Schweden nach Deutschland hoffe ich, dass darin ein Kern Wahrheit stecken möge:

Das Leben ist wie Fahrrad fahren.
Um die Balance zu halten
musst du in Bewegung bleiben.

(Albert Einstein)

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